Unterhaltsreform Drucken
Geschrieben von: RA Bruckmann   
Sonntag, den 03. April 2011 um 10:56 Uhr

Im Folgenden finden Sie in Kürze die wichtigsten Auswirkungen der Unterhaltsreform dargestellt.

Für die nachstehend aufgeführten Angaben können wir keine Gewähr übernehmen. Sie dienen lediglich zur Information unserer Mandantschaft und sollen Ihnen einen ersten Überblick verschaffen. Eine Rechtsberatung im eigentlichen Sinn kann damit nicht verbunden sein. Die Vervielfältigung ohne Genehmigung ist untersagt.

I Auswirkungen auf den Kindesunterhalt

Der Kindesunterhalt hat Vorrang vor allen anderen Unterhaltsansprüchen. Dem ersten Rang zugehörig zu zählen sind alleine die minderjährigen, unverheirateten und ihnen gleichgestellten privilegierten volljährigen Kinder. Diese kommt dann Bedeutung zu, wenn der Unterhaltsschuldner auf Grund der Höhe seines Einkommens nicht in der Lage ist, die Unterhaltsansprüche aller Unterhaltsberechtigten, also z. B. der weiteren Kinder und der Ehefrau vollständig zu befriedigen.

1. Düsseldorfer Tabelle

Der Mindestunterhalt für minderjährige Kinder ist nunmehr gesetzlich definiert. Berechnet wird der Unterhalt nach der neuen Düsseldorfer Tabelle, individuelle Regelungen können aber jederzeit von den zuständigen Richtern getroffen werden.

Durch die Neuregelung der Kindergeldverrechnung wird das Kindergeld von den in der Düsseldorfer Tabelle ausgewiesenen Bedarfsbeträgen in Abzug gebracht. Bezieht der betreuende Elternteil das Kindergeld, was der Normalfall sein dürfte, verringert sich der Tabellenbetrag um das hälftige Kindergeld. Bei volljährigen Kindern wird der komplette Kindergeldbetrag von dem Barbedarf abgezogen.

II Auswirkungen auf den Ehegattenunterhalt

1. Eigenverantwortung

Der Grundsatz der Eigenverantwortung ist nunmehr ausdrücklich im Gesetz normiert. Bei der Frage, ab welchem Alter der Kinder der betreuende Ehegatte wieder eine Erwerbstätigkeit aufnehmen muss, spielen die tatsächlich bestehenden Kinderbetreuungsmöglichkeiten vor Ort eine größere Rolle als bisher.

2. „Altersphasenmodell“ findet keine Anwendung mehr

Das sog. „Altersphasenmodell", demnach der betreuende Elternteil mit Kindern unter 8 Jahren nicht berufstätig sein und bei Kindern zwischen dem 8. und dem 16. Lebensjahr in der Regel nur einer Teilzeitbeschäftigung nachgehen mussten, um nachehelichen Unterhalt wegen Kinderbetreuung beanspruchen zu dürfen, ist nunmehr vom Tisch. Nach der neuen Gesetzeslage ist der betreuende Elternteil verpflichtet, nach der Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes berufstätig zu sein. Hiervon kann allerdings im Einzelfall abgewichen werden, nämlich wenn das Kind aus gesundheitlichen oder pädagogischen Gründen individuell betreut werden muss. Diese Ausnahmeregelung gilt auch, wenn keine zumutbare Betreuungseinrichtung vorhanden ist. Jedoch hat der betreuende Elternteil diese Umstände nicht nur zu darzulegen, sondern auch zu beweisen. In dem Maße, in dem eine Betreuungsmöglichkeit besteht, wird von dem betreuenden Elternteil eine Erwerbstätigkeit erwartet. Dabei wird jedoch kein abrupter, übergangsloser Wechsel von der Betreuung zur Vollerwerbstätigkeit erwartet werden können.

3. Aufstockungsunterhalt

Zu beachten ist, dass im Falle einer Teilzeitbeschäftigung oftmals eine nicht unerhebliche Einkommensdiskrepanz zwischen dem Einkommen besteht dass aufgrund der Teilzeittätigkeit erzielt wird und dem Vollzeiteinkommen des Unterhaltspflichtigen. Hier ist unter Umständen ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt gegeben.

4. „Angemessenen Lebensbedarf“ (§ 1578 b Abs.1 BGB)

Nach der neuen Rechtslage mus sich der geschiedene Rechtslage bei der Ermittlung des Unterhaltsbedarfs (also den Betrag den er zur angemessenen Deckung seines Lebens benötigt) auf den sog. "angemessenen Lebensbedarf" (§ 1578 b Abs. 1 BGB) verweisen lassen. Hierbei ist auf die Lebensstellung des Unterhaltsberechtigten vor Eheschließung oder die Lebensstellung abzustellen, die der Berechtigte ohne die Ehe erreicht hätte! Der geschiedene Ehegatte partizipiert somit nicht sow eie früher länger an den ehelichen Lebensverhätltnissen. In diesem Zusammenhang ist zu prüfen ob und inwieweit der Unterhaltsberechtigte ehebedingte Nachteile (s. hierzu o.) erlitten hat.

5. Befristung oder Begrenzung des Unterhaltsanspruchs

Das neue Unterhaltsrecht schafft mehr Möglichkeiten, den nachehelichen Unterhalt zu befristen oder der Höhe nach zu begrenzen. Maßstab hierfür ist in erster Linie die Frage, ob und in welchem Umfang durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Derartige ehebedingte Nachteile können sich z.B. ergeben aus der Dauer der Erziehung gemeinschaftlicher Kinder, Gestaltung der Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe, Dauer der Ehe etc.

Achtung: Über die Frage, ob ein nachehelicher Unterhaltsanspruch zeitlich zu begrenzen oder zu befristen ist, ist bereits in dem ersten Verfahren über den nachehelichen Ehegattenunterhalt zu entscheiden. Unterbleibt eine solche Entscheidung - z. B. weil der Anwalt hierzu nichts vorgetragen hat -, kann dies zur Folge haben, dass der nacheheliche Unterhaltsanspruch auch bei späterer Abänderung nicht mehr zeitlich befristet oder begrenzt werden kann, obwohl die Voraussetzungen eigentlich vorliegen würden, mit der weiteren Folge, dass auch weiterhin der bisher – der Höhe nach jetzt nicht mehr gerechtfertigte - nacheheliche Unterhalt bezahlt werden muss.

III Auswirkungen auf den Unterhaltsanspruch unverheirateter Elternteile

Die Dauer von Unterhaltsansprüchen für die Betreuung ehelicher und nichtehelicher Kinder richtet sich künftig nach denselben Grundsätzen. Damit ist der Betreuungsunterhalt, der im Interesse des Kindes geschuldet wird, einheitlich von gleicher Dauer, egal ob die Eltern verheiratet sind bzw. waren oder nicht.

IV Besteht die Möglichkeit bestehende Unterhaltstitel nach Inkrafttreten der neuen Vorschriften abändern zu lassen?

Ist der Unterhaltsanspruch zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der geänderten Vorschriften tituliert (z.B. durch gerichtliches Urteil oder Vergleich) oder ist eine anderweitige Unterhaltsvereinbarung geschaffen worden, sind die Neuregelungen zu berücksichtigen, wenn

  • eine wesentliche Änderung der Unterhaltsverpflichtung eintritt und
  • die Änderung dem anderen Teil unter Berücksichtigung seines Vertrauens in den Fortbestand der ursprünglichen Regelung zumutbar ist.

Treffen diese Voraussetzungen zu, kann über einen sog- Abänderungsantrag eine Abänderung bestehender Titel bzw. Vereinbarungen erreicht werden.

Unser Tipp: Aufgrund der mitunter weitreichenden Folgen des neuen Unterhaltsrechts sollten Sie Ihre bestehende Unterhaltsverpflichtungen von einem auf das Familienrecht spezialisierten Anwalt überprüfen lassen!

Zuletzt aktualisiert am Dienstag, den 23. Februar 2016 um 19:46 Uhr